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Öffentliche Erklärung der EUROREGION ELBE/LABE zum Kooperationsprogramm Sachsen-Tschechien 2014-2020

Mit dieser öffentlichen gemeinsamen Erklärung bringen die Mitglieder der Euroregion Elbe/Labe ihre tiefe Unzufriedenheit mit der praktischen Umsetzung der INTERREG-V-A-Förderung im Rahmen des Kooperationsprogramms Sachsen-Tschechien 2014-2020 zum Ausdruck.

Ein viel zu großer Anteil der Finanzmittel dieses Programms wird für Projekte verwendet, deren Beitrag zu grenzübergreifender Zusammenarbeit und zu einer nachhaltigen Entwicklung der Grenzregion sehr gering ist. Das ist umso bedauerlicher, als die ohnehin finanziell sehr beschränkten INTERREG-A-Programme die einzigen Fördermöglichkeiten mit explizit diesen Zielen sind. Die zu großen Teilen nicht zielführende Verwendung der Mittel führt im Ergebnis dazu, dass kaum eine finanzielle Unterstützung für wirkliche grenzübergreifende Zusammenarbeit und für die Bewältigung der speziellen Probleme der Grenzregion verfügbar ist.
Die Schwerpunkte dieser Fehlentwicklung sollen im Folgenden – verbunden mit konkreten Forderungen bzw. Vorschlägen für die nächste Förderperiode – dargestellt werden.

Staatliche Selbstbedienung

Ein großer Teil der verfügbaren europäischen Fördermittel wird dafür verwendet, staatliche Finanzmittel zu ersetzen. Bereiche wie Sicherheit, Ordnung und Gefahrenabwehr oder Umwelt- und Naturschutz sind grundlegende staatliche Aufgaben, die auch ohne Fördermittel der EU grundsätzlich finanziert sein müssen. Fördermittel können hier sinnvoll sein, um eine grenzüberschreitende Kooperation zu fördern, die zu einer besseren Erfüllung der Aufgaben führt. Sie dürfen jedoch nicht eingesetzt werden für Investitionen in die grundsätzlich notwendige Ausstattung mit Fahrzeugen, Gebäuden und Technik.

Wir fordern, dass in der nächsten Förderperiode sichergestellt wird, dass die von der EU bereitgestellten Finanzmittel nicht zur Erfüllung originärer staatlicher Aufgaben verwendet werden.

Hohe Investitionen in Hardware

In sehr vielen Projekten werden Anteile von über 80%, oft auch über 90%, für Investitionen in Fahrzeuge, Technik und Baumaßnahmen verwendet. Entsprechend gering sind die Mittel für die Zusammenarbeit und Begegnung von Menschen, die meist nur als Feigenblatt zur Rechtfertigung der hohen Investitionen in Hardware dienen. Ein wirklicher grenzübergreifender Effekt ist dabei kaum erkennbar und steht auf jeden Fall in keinem Verhältnis zur Höhe der bewilligten Fördermittel.

Wir fordern eine Begrenzung der investiven Anteile in der nächsten Förderperiode. Unser Vorschlag ist, dass keine Projekte bewilligt werden, die mehr als 50% der finanziellen Mittel für Investitionen in Hardware vorsehen.

Immer größere Projekte

Im Lauf der Förderperioden ist das durchschnittliche Volumen der Projekte immer weiter gestiegen, unterstützt von den zuvor dargestellten hohen Investitionsanteilen. Aus Sicht der Verwaltungsbehörden und des Gemeinsamen Sekretariats wird dies erkennbar positiv bewertet, denn so werden die Finanzmittel schneller und mit einem geringeren Bearbeitungsaufwand gebunden als bei einer größeren Anzahl kleinerer Projekte. Auf diese Weise jedoch ist das Förderprogramm schnell ausgeschöpft, diesmal in den meisten Förderbereichen bereits nach 18 Monaten. Es ist klar, das so viel weniger Projektträger zum Zuge kommen, also weniger grenzübergreifende Zusammenarbeit entsteht. Damit wird das Ziel von INTERREG A konterkariert.

Wir fordern eine Begrenzung der Projektvolumina in der nächsten Förderperiode. Wir schlagen vor, dass je Projektpartner nicht mehr als 300.000 Euro bewilligt werden.

Wenig Orientierung an Zukunftsproblemen der Grenzregion

Es ist erkennbar, dass Projekte der Zusammenarbeit von Hochschulen, der Berufsausbildung und –orientierung oder der Förderung eines grenzübergreifenden Arbeitsmarktes vom Begleitausschuss zumeist abgelehnt werden. Damit werden genau diejenigen Projekte verhindert, die die speziellen Probleme der Grenzregion bearbeiten wollen und zu einer positiven Entwicklung beitragen würden. Die spezifischen Entwicklungsprobleme der Grenzregion sind eben nicht die mangelnde Ausstattung von Polizei und Feuerwehren mit Fahrzeugen und Technik, sondern z.B. mentale und Sprachbarrieren, die Abwanderung junger Menschen, der Mangel an Fachkräften und eine wenig zukunftsfähige Wirtschaftsstruktur.

Wir fordern deshalb, dass das nächste Kooperationsprogramm vor allem auf die spezifischen Entwicklungsprobleme fokussiert wird. Die lokale und regionale Ebene sind dafür in die Vorbereitung der nächsten Förderperiode intensiv einzubinden.

Arbeitsweise des Begleitausschusses

Bei vielen – vor allem ablehnenden – Entscheidungen des Begleitausschusses erscheinen die offiziellen Begründungen fragwürdig. Es entstand oft der Eindruck, dass Entscheidungen bereits im Vorfeld getroffen wurden und die Diskussion im Begleitausschuss überflüssig machten.

Es wäre naiv, solche Prozesse ausschließen zu wollen. Sie würden jedoch erschwert, wenn der Begleitausschuss das Delegationsprinzip aufgäbe. Wir hielten es zudem für ein gutes Zeichen, wenn nicht ausgerechnet ein Gremium zur Förderung grenzübergreifender Zusammenarbeit in zwei Teile gespalteten wäre, die getrennt abstimmen. Das sollte deshalb in der nächsten Förderperiode geändert werden.

Wir hoffen, mit dieser öffentlichen Erklärung zu einer fruchtbaren Diskussion über die Ausgestaltung der nächsten Förderperiode beizutragen. Für die jetzige ist es bereits zu spät, aber die bisherigen Erfahrungen müssen in Zukunft berücksichtigt werden.

Öffentliche Erklärung sowie Pressemitteilung der EEL.

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